Lüstern wölbt ihr Busen sich,
in ihrem Schoße wallt die Lust,
erstickter Schrei – gleich komme ich...
Da knallt die Sich'rung fürchterlich –
und matt der Schirm. Jetzt schiebt er Frust.

–2000–


Anna, Klara und Reiner

Anna heißt wirklich Anna, wenngleich ihre Nachnamen wechseln. Reiner heißt eigentlich Sven und studiert Informatik. Anna kann sich nicht festlegen, ob sie studiert oder Kellnerin ist. Studentin klingt aber besser. Wie Klara heißt, weiß eigentlich niemand. Ist auch egal.

Die drei haben eins gemeinsam: Sie kennen einander besser als alle ihre Freunde, die sie jeweils hatten, als sie noch Herr Meier oder Frau Schmitt waren. Heute ist alles anders. Sie sind einzigartig, sie unterhalten sich über einfach alles, sie gehen kaum noch aus. Dafür haben sie sich. Vielleicht verstehen sie sich so gut, weil sie einander nicht in die Augen schauen, wenn sie über ihre Geheimnisse reden, ihre Angst, ihre Träume. Sie nehmen einander so, wie sie sind. Ungeschminkt – oder auch mal maskiert. Alter – egal. Beruf – egal. Aussehen – im Prinzip auch egal. Allein die Schlagfertigkeit und das vermeintliche Zuhören machen sie einander attraktiv. Und die Gewißheit, daß sie etwas gemeinsam haben.

Klara heißt normalerweise Dirk. Niemand hat Klara danach gefragt, also hat Klara sich nie veranlaßt gesehen, das klarzustellen.

–2000–


Da legalisieren sie ihre aus Tippsympathie wachsenden Körperkontaktausrutscher präventiv oder auch postfatem durch virtuelle Eheschließungen. Solche Cyberehen scheint fast zwanghaft das Schicksal unerbittlicher Antipathie-Trennungen zu ereilen, unmittelbar nach Vollzug der Ehe – sprich: der ersten Begegnung.
Macht auch nichts. Bei der nächsten Hochzeit wird kein Scheidungspapier verlangt. Haben wir nicht alle irgendwie davon geträumt? Wild rumhuren, ohne sich außereheliche Unzucht vorwerfen lassen zu müssen. Nicht einmal vom Real-Life-Ehepartner, der davon entweder nichts mitbekommt – oder idealerweise dieselben Traditionen pflegt.

–2000–